Naturdenkmal „Steppenheide Michaelsberg“

Ein naturkundliches Kleinod am Wegesrand auf dem Michaelsberg bei Gundelsheim

Hauhechel-Bläuling und Auen-Blutbiene saugen an Feld-Mannstreu Nektar.

Foto: Wolf-Dieter Riexinger

Artenreichtum in der Magerwiese

Unweit der Michaelskirche, eine der am frühesten erwähnten Kirchen des Landes Baden-Württemberg (771), befindet sich das rund ein Hektar große Naturdenkmal „Steppenheide Michaelsberg“. Am Südhang gelegen, den ganzen Tag besonnt und über dem blanken Muschelkalkfels oft nur eine Bodenauflage von weniger als zehn Zentimetern. Unter diesen Bedingungen hat sich hier eine besondere Vegetation, eine so genannte Magerwiese, eingestellt. Charakteristisch für Magerwiesen ist die nur schüttere Vegetationsdecke. Deshalb haben hier auch niedrigwüchsige und konkurrenzschwache Pflanzenarten eine Chance. Solche Magerkeitszeiger sind etwa Frühlings-Fingerkraut oder Frühlings-Segge. Sie eröffnen bereits im April zusammen mit dem Rauhaarigen Veilchen den Blütenreigen. Während das polsterartig wachsende Frühlings-Fingerkraut mit seinen gelben Blüten und auch das hell blauviolett blühende Rauhaarige Veilchen leicht zu erkennen sind, ist die unscheinbare, zu Blütezeit kaum mehr als zehn Zentimeter große Frühlings-Segge leicht zu übersehen. Ebenfalls eng am Boden angeschmiegt wächst der im Sommer blau blühende Arznei-Thymian. Zu den Magerkeitszeigern gehören auch das niedrig wachsende und zur Sommerzeit gelb blühende Gewöhnliche Sonnenröschen sowie die Kleine Bibernelle. Eine bemerkenswerte regionale Besonderheit ist das Vorkommen der gefährdeten Thymianseide, von der auch im größeren Umkreis kein weiteres Vorkommen bekannt ist. Als Schmarotzer windet sich die Thymianseide an ihren Wirtspflanzen hoch und zapft sie mit ihren Saugorganen an. Weitere typische Arten sind Arznei-Schlüsselblume, Tauben-Skabiose, Aufrechter Ziest, Karthäuser-Nelke und Hornklee. Als Charakterart der Magerwiese und der besonnten Säume auf dem Michaelsberg kann die Feld-Mannstreu bezeichnet werden. Der Doldenblütler, der oft fälschlicherweise als Distel angesprochen wird, ist in Württemberg selten und hat landesweit im Neckartal zwischen Bad-Friedrichshall und Mosbach einen Verbreitungsschwerpunkt. Der mit Abstand größte Bestand im Landkreis Heilbronn befindet sich dabei auf dem Michaelsberg.

Widderchen, Weinhähnchen, Zikaden und Co.

Auch die Tierwelt ist sehr artenreich im Naturdenkmal vertreten. Hier sind es vor allem wärmebedürftige (thermophile) Arten, die den Bestand kennzeichnen. 59 verschiedene Wildbienenarten hat man im Naturdenkmal festgestellt, wie zum Beispiel die Rote Schneckhausbiene, die in leeren Schneckehäuschen nistet und auf den Aufrechten Ziest als Nahrungspflanze angewiesen ist. Der große Feld-Mannstreu-Bestand ist wiederum für die beiden Arten Schwarzrote Schmalbiene und Filzzahn-Blattschneiderbiene die wichtigste Nahrungsquelle. Unter den Faltern ist das Schachbrett die auffälligste Art. Das Beilfleck-Widderchen lässt sich oft beim Nektar saugen an der Karthäuser-Nelke beobachten. Weitere Arten sind Magerrasen-Perlmutterfalter, Kleiner Feuerfalter oder Spanische Flagge. Als wärmebedürftige Heuschrecken-Art ist das unscheinbare Weinhähnchen in einem schönen Bestand vertreten. Der wohlklingende Gesang der Männchen ist vorzugsweise nachts zu vernehmen und bis zu 120 Meter weit zu hören. Häufig sind auch Sichel- und Keulenschrecke sowie die Feldgrille. Eine Besonderheit ist das Vorkommen der Westlichen Beißschrecke. Mit der Bergzikade kommt eine weitere thermophile Insektenart vor. Vom Insektenreichtum im Naturdenkmal profitiert die große Wespenspinnen-Population. Zu deren bevorzugten Beute gehören vor allem Heuschrecken.

Landschaftspflege im Naturdenkmal.

Foto: Wolf-Dieter Riexinger

Pflegeengagement mit Kulturlandschaftspreis belohnt

Seit Mitte der1980er Jahre hat der NABU Bad Friedrichshall das Naturdenkmal in seiner Obhut und führt dort jährlich eine Pflegemahd durch. Hin und wieder werden bei Bedarf auch Hecken auf den Stock gesetzt. Und durch die aufwändige Zurückdrängung der Gehölzsukzession konnte die Magerwiese wieder in ihre ursprüngliche Größe zurückgeführt werden. Bei den Pflegemaßnahmen wird der NABU seit etlichen Jahren durch den örtlichen Bio-Angusrinderhalter Michael Schäfer unterstützt. Für dieses langjährige Engagement zur Erhaltung der historisch gewachsenen Kulturlandschaft auf dem Michaelsberg erhielt der NABU Bad Friedrichshall gemeinsam mit dem Bio-Betrieb Michael Schäfer 2006 den vom Schwäbischen Heimatbund und Württembergischen Sparkassenverband ausgelobten Kulturlandschaftspreis verliehen.

Literatur

Morrissey, Christoph & Riexinger, Wolf-Dieter (2007): Der Michaelsberg bei Gundelsheim, 120 S. Karlsruhe.

Riexinger, Wolf-Dieter (2007): Hudewald, Hudewaldhaine und Hudebäume am Michaelsberg in Gundelsheim a.N.- In Schwäb. Heimat1/2007, 68-72, Tübingen.

 

Text von Wolf-Dieter Riexinger (Offenau)

Mit Kulturlandschaftspreis ausgezeichnet

Landschaftspflege auf dem Michaelsberg

Die NABU Gruppe Bad Friedrichshall u. Umgebung e.V. erhielt zusammen mit Bio-Landwirt Michael Schäfer den mit 1.500 Euro dotierten Kulturlandschaftspreis 2006 des Schwäbischen Heimatbundes (SHB) und des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg für die Pflege des Michaelsberges in Gundelsheim. Die Auszeichnung nahmen im Kurhaus von Bad Liebenzell Peter Hauk, Minister für Ernährung und Ländlichen Raum, Fritz-Eberhard Griesinger, Vorsitzender des SHB sowie Tilmann Hesselbarth, Verbandsgeschäftsführer des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg vor. Die Jury sah die Preiswürdigkeit vor allem in der Kooperation bei der Landschaftspflege zwischen ehrenamtlichen Naturschützern und Landwirtschaft in Form der schonenden Beweidung mit Angusrindern zum Erhalt der historischen Kulturlandschaft des Michaelsberges mit seiner besonderen Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz sowie als Erholungsraum für die Menschen. Denn ohne Pflege oder Bewirtschaftung würde die historische Landschaft am Michaelsberg mit der bereits im 8. Jahrhundert erwähnten Kirche schnell mit Büschen und Bäumen zuwachsen und so ihren Wert verlieren; besonders wertvolle Biotope wie Magerwiesen, Steinriegel, Trockenmauern, Hecken und Hudewälder verloren gehen.

 

Sehr gefreut haben sich die Preisträger, dass auch die Bürgermeister von Gundelsheim und Bad Friedrichshall, Lothar Oheim und Peter Dolderer bei der Preisverleihung mit dabei waren und Einsatz für Natur und Landschaft am Michaelsberg würdigten. Den Preis betrachten der NABU und Michael Schäfer nicht nur als Anerkennung des mehr als 20-jährigen Engagements in der Landschaftspflege, sondern zugleich als Ansporn für die künftige Arbeit.

Landschaftspflege im Naturdenkmal

Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Naturdenkmals „Steppenheide Michaelsberg“ machte der NABU 2006 den Michaelsberg zum Schwerpunktthema in seinem Jahresprogramm. Bei Vorträgen und Exkursionen wurde auf die naturkundlichen Besonderheiten am Michaelsberg, wie zum Beispiel Feldmannstreu oder Rote Schneckenhausbiene aufmerksam gemacht und die Zusammenhänge zwischen Erhalt der artenreichen Kulturlandschaft und schonender landwirtschaftlichen Nutzung erläutert. Der Theorie folgte mit dem Landschaftspflegetag im Naturdenkmal die Praxis. Ausgerüstet mit Balkenmäher, Gabel und Rechen machten sich die mehr als 30 Helferinnen und Helfer unter Anleitung der NABU-Mitglieder Wolf-Dieter Riexinger und Paul Haag an die Arbeit zur Pflege der Magerwiese. Besonders lobenswert war dabei das Engagement von 15 Schülerinnen und Schülern der Horneckschule in Gundelsheim sowie einigen Gemeinderäten. Wertvolle logistische Unterstützung mit Motorsägen, Freischneidern und Fahrzeugen leisteten Mitarbeiter des städtischen Bauhofs um Herrn Edgar Weiser sowie Landwirt Michael Schäfer, der nach erfolgreicher Arbeit auch das Abschlussvesper spendierte.

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